Mittwoch, 30. Dezember 2015

Dezemberliteratur 2015


  Die Bahn ist morgens mein Lesesessel. So lese ich mich auf den Weg zur Arbeit und auch zurück. Darum am Ende des Monats (wenn ich es schaffe) eine kurze bibliothekarische Rückschau auf die Bücher in meinen Händen, vor meiner Nase, durch meine Augen, in meinen Kopf. Und obwohl ich die totale Leseratte bin, habe ich in den letzten zwei Monaten wenig zu lesen geschafft. Die Luft war raus. Die Arbeit begann schon morgens in der Bahn und wenn es nichts zu arbeiten gab, dann genoss ich es, die Stadt beim Vorbeiziehen zu beobachten. Darum ist die Literaturauswahl diesen Monat wenig von literarischem Anspruch als vielmehr von Entspannung geprägt.


 Kurz vor der Weihnachtszeit habe ich mir endlich die lang ersehnte Astrid Lindgren Buchbox geschenkt. Darin zwölf ausgewählte Romane dieser großartigen Frau. Angefangen habe ich diese Buchbox mit einem ihrer Charaktere, den ich lange Zeit gar nicht leiden konnte. Karlsson erschien mir immer als ziemlich egoistisch. Ein echtes Arschloch. Er stach immer sehr heraus aus den ganzen sympathischen Figuren. Doch dieses Buch hat mich mit ihm versöhnt, ihn sogar zu einem kleinen Vorbild werden lassen. Filmische Adaptionen beschränken sich zu sehr auf das erste von insgesamt drei Büchern, aus denen die Karlssongeschichten bestehen. Seinen wahren Charme erreicht er leider erst in Buch zwei. Ein kleiner, gerade richtig dicker Mann führt andere Erwachsenen an der Nase herum. Er kritisiert offen ihr Verhalten, die gesellschaftlichen Normen, stellt sie in Frage, lebt die Anarchie ohne rücksichtslos zu sein. Irgendwie hat er ein bisschen was von Pippi Langstrumpf, wobei er eben kein Kind mehr ist. Er ist ein Mann, kein Junge. Gerade letzteres macht den Reiz an seiner Figur aus. Er ist erwachsen ohne erwachsen zu sein. Wie wunderbar kann ein Vorbild für Menschen die Steuern zahlen sein?


 Ich wollte nochmal zurück in die Welt, aus der Astrid Lindgren kommt. Nach dem Genuss ihrer Biografie und dem Besuch in ihrer Heimat im Sommer, wollte ich dieses kleinere Bildbändchen endlich mal wieder vor die Nase bekommen. Eine wundervolle Ergänzung zu der recht bilderlosen, trockenen Biografie und wundervoll, um den kleinen Schwedenjeeper zu füttern. Es gibt noch einen großartigeren Bildband über diese Frau, doch die Investition, in dieses recht kostspielige Buch, scheute ich bislang.


 Bleiben wir doch einfach bei Astrid Lindgren. Da setzt man immer aufs richtige Pferd. Ich habe vor kurzem die Pippi Langstrumpf Serie auf DVD verschenkt. Ich selbst besitze sie auch, aber es fehlt eben manchmal die Zeit eine ganze Box durchzusehen. Das Buch liefert einfach nur ein paar schöne Bilder und Auszüge der Geschichte der Ausreißerepisode.


 Als die Familie zu Besuch war, kam die Frage nach den schwedischen Tomten auf. Die Idee von den kleinen Weihnachtswichteln finde ich ganz herrlich. Etwas mystisch und passend zur Jahreszeit. Im Schrank habe ich natürlich auch dieses Buch, welches eines Abends mit dem Süßminister gelesen wurde. Er ist ein bisschen wie Frederick in der schwedischen Winterweihnacht. Und ja: Die Band TOMTE hat sich wirklich nach diesen Wichteln benannt. Etwas minimal tomtewichtelig hoffnungsvolles haben deren Texte ja streckenweise auch an sich.


 Nein, es wurde nicht nur Astrid Lindgren gelesen. Sehr gefreut habe ich mich über diesen Sammelband der Geschichten und Illustrationen von Leo Lionni. Eigentlich wollte ich nur die Frederickgeschichte wieder zur Hand haben. Als ich dann aber auf sieben Mäusegeschichten auf einen Schlag zum günstigen Preis gestoßen bin, habe ich zugeschlagen. Und wie wunderbar sind sie denn bitte alle? Pädagogisch wertvoll für jung und alt. Hoch philosophische Geschichten, mit relativ einfachen, klaren aber passenden Illustrationen. Sag noch einmal einer, Bidlerbücher seien nichts für Erwachsene. 


 Noch ein Bilderbuch für Erwachsene. Über Mareices Blog bin ich auf dieses aufmerksam geworden. Ein wundervolles Buch. Eine Tochter mit Trisomie 21 versucht ihrer Mutter ihre Ängste zu nehmen. Ihre Ängste über die Spezialität ihrer eigenen Tochter. Geschrieben hat es eben jene Mutter selbst und vielleicht macht dies den unfassbar berührenden Charackter dieser Erzählung aus. Dazu gibt es wundervolle passende Illustrationen. Habt keine Angst vor dem vermeintlich anderen. Mehr möchte dieses Buch nicht sagen und es ist eine doch so wichtige Botschaft. Und jede Menge Inklusion steckt ebenfalls in diesem Buch. Denn Angst -denke zumindest ich- ist die größte Hürde, die Inklusion zu überwinden hat. Dagegen sind die paar Treppen ein Klacks.


 Ja, ein Pixibuch! Musste sein. Dieses hier war gerüchteweise auch ratzfatz vergriffen. Es ist zusammen mit der IG-Metall entstanden und räumt nebenbei mit so einigen Rollenklischees auf. Mama arbeitet im Flugzeugbau, Papa schmeißt den Haushalt, die Kinder haben einen Erzieher und überhaupt ist Streiken eine feine Sache. Da haben sich einige Menschen echt Mühe gegeben. Sicherlich eine gute Sache, um Kindern zu verdeutlichen, dass es wichtig ist, für Herzensangelegenheiten und Gerechtigkeit laut zu werden. Einzig der interkulturelle und inklusive Faktor fehlt auf den Bildern ein wenig. Das kommt dann in der nächsten überarbeiteten Auflage.... Hoffentlich.


 Das letzte "Buch" für diesen Monat bekam ich zu Weihnachten von einem befreundeten Buchhändler geschenkt. Der weiß zu gut, woran ich Freude habe. Ich habe jetzt schon Lust, einige Seiten aus diesem bitterbösen und leider zu realem Buch zu kopieren und an bestimmte Leute zu schicken. Eine herrliche Sache, wo doch viele Erwachsene gerade Ausmalen als die neue Meditation entdecken. Nehmt dieses Buch. Das hilft besser als liebliche Madalas.
 Und im neuen Jahr geht es dann schwungvoll weiter. Ich habe eine Einladung zum Lesekreis und das dazugehörige Buch immer noch nicht durch... Zudem brachte Weihnachten noch mehr Wunschlektüre. Vielleicht klappt es ja nach den Ferien wieder mit dem Morgens in der Bahn lesen. Mein Stapel, den ich lesen möchte, ist so hoch, dass ich fast gar nicht fragen möchte, was ihr so weggeschmökert habt, aber vielleicht mögt ihr es mir ja trotzdem verraten.

3 Kommentare:

  1. Moin,

    bei mir war es tatsächlich auch so, dass ich die Bücher in der Bahn (Hin-&Rückweg zur Arbeit) gelesen habe. Damit hatte ich die Bücher auch viel schneller durch, als mit einem Kind zuhause :-) Ich kann es also nur empfehlen. Ich mag Biografien. Das wird auch der Grund gewesen sein, wieso ich das Buch von Mike Krüger geschenkt bekommen habe. Erst war mein Gedanke: "O.K.!" Doch dann wurde es immer interessanter und witzig. Wer Biografien mag und gerne lacht, dann ist das vielleicht was für ihn/sie.

    Das letzte Buch, das Du da vorgestellt hast "Wer hat hier gefurzt" klingt sehr interessant. Einfach nur aus Neugier hätte ich schon gerne eine kopierte Seite zugeschickt :-)

    Liebe Grüße und einen guten Rutsch!
    Lu

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    1. mike krüger habe ich kürzlich in eienr guten talkshow gesehen und war sehr beeindruckt. ich glaube, man schiebt ihn unbeabsichtig oft in die falsche schublade.
      schick mir mal deine adresse an meine mailadresse, vielleicht gibt es ja eine kopie ;)
      liebe grüße,
      jule*

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  2. Frederick ist absolut wundervoll.
    Ich liebe diese Geschichte seit meiner Kindheit.
    Allerdings kenne ich die anderen Mäusegeschichten nicht...
    das muss ich unbedingt nachholen.
    Ich wünsch dir alles Gute fürs nächste Jahr.
    Schöne Grüße, Angela

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