Montag, 28. August 2017

Vom Vasaloppsleden und grandioser Selbstunterschätzung


 Wenn sich die Gedanken im Kopf so verdichten, dass sie drohen, den Schädel zu sprengen, dann ist man gut damit beraten, einfach alles stehen und liegen zu lassen und abzuhauen. Am Besten an einen Ort, von dem man weiß, dass es dort Raum gibt, wo sie sich austoben können. In diesem Sinne, habe ich absolut spontan Mitte August nochmal meinen Prütt zusammengesucht und mich einfach verpisst. Natürlich nach Schweden. Nicht zum Rumhängen, sondern für einen kleine Herausforderung. Wandern gehen stand auf dem Plan, denn laufen hilft bei mir immer. Auf nach Sälen, ab auf den Vasaloppsleden. Mit Antje hatte ich einen Teil schon vor zwei Jahren gemacht. Dieses Mal wollte ich den ganzen laufen. 90km, alles was man für 10 Tage braucht auf dem Rücken, Zivilisation kaum vorhanden, alleine sein, Natur, Zeit. 


 Genug Zeit habe ich wohl eingeplant. Ich wusste nicht genau, wie leistungsfähig ich am Ende sein würde, hatte acht Wander- und zwei Ruhetage eingeplant. Ich wollte die acht Etappen von Hütte zu Hütte entspannt angehen. Die erste Etappe hatte ich als die anstrengendste aus der Karte abgelesen. 10km so gut wie nur Steigung. Einige Höhenmeter waren zu erklimmen. Es ging ganz gut. Der Weg war recht achtsam zu gehen, weil es war ein Trampelpfad mit vielen nassen Wurzeln und Steinen, die zu Bänderrissen einluden. Nur musste ich "leider" feststellen, dass diese Etappe nach drei sehr entspannten, langsam gelaufenen Stunden schon geschafft war. Ich war einigermaßen perplex. 




 Und so ging es die nächsten Tage weiter. Die Wege waren in der ersten Hälfte öfter achtsam zu gehen, aber die Strecke war meist schnell bewältigt. Ich habe lange Pausen eingelegt, mir den Bauch mit Molte-, Blau- und Himbeeren vollgeschlagen. Irgendwann habe ich meinen 10l Wassersack immer voll in den Rucksack gepackt, um mich mit ein bisschen mehr Gewicht auszubremsen. Letzteres hat nur bedingt geholfen. Doch ich habe es genossen. Viel Zeit für mich und meinen Kopf. Zeit die Nase in Sonne und Wind zu halten. Zeit zum sortieren und genießen.


 Statt warmer Dusche gab es natürlich regelmäßige Bäder in kalten Seen oder Tassenduschen in flachen Flüssen. Das Wetter war mir hold. Es war zwar teilweise bewölkt, aber tagsüber trocken.




 Es duftete nach Heidekraut und Kiefern. Manchmal nach feuchter Erde am Morgen nach dem Regen, nach Feuer.






 Die Hütten zauberhaft wie auf dem ersten Trip. Einfach aber funktional. Betten, Holzofen, auf dem man auch kochen kann, Wasser in Naturform und ein Plumpsklo vor der Tür. Kannte ich ja schon. Ich musste kein Zelt oder eine Isomatte mitschleifen. Lediglich einen Schlafsack braucht es. Mit Ausnahme einer Nacht, hatte ich die Hütten auch immer für mich. Unterwegs begegnete ich kaum einer Menschenseele.


Lediglich die Etappen und die benötigte Zeit hatte ich falsch eingeschätzt. Wenn man von Sälen nach Mora läuft, kann man folgende Etappen laufen:

Startpunkt in Sälen -> Smågan: 10km
Smågan -> Skärlogsstuga: 8km
Skälogstugan -> Tennäng: 11km
Tennäng -> Röstjärnsstuga: 6km -> Sundetsstuga: 7km (Ich bin das einfach in einem Stück gelaufen)
Sundetsstuga -> Axistuga: 14km
Axistuga -> Prästkogsstuga: 13km
Prästkogsstuga -> Eldris: 13km
Eldris -> Ziel in Mora: 9km

 Mit Kindern kann man den Vasaloppsleden vermutlich auch ganz fantastisch machen. In Hamburg laufe ich zwar auch viel durch die Gegend und 12km reiße ich da auf ner halben Arschbacke ab. Ich konnte aber eben wirklich nicht einschätzen, wie das mit den schwedischen Steigungen und Waldwegen wird. Ich merke mir nun einfach, dass ich mehr kann. Das kann ich mir vermutlich für so einiges im Leben einfach mal fett hinter die Löffel schreiben. So.


 Das Ziel erreichte ich drei Tage vor meiner geplanten Zeit. Das war aber nicht schlimm. Ich hatte mir unterwegs im Wald ein paar Übernachtungsmöglichkeiten in Mora organisiert und konnte mich so in der kleinen "Stadt" wieder an die Zivilisation und Menschen gewöhnen. Meine Lust, wieder mehr solche Touren zu machen, ist unglaublich gewachsen. Früher war das ja meine übliche Sommerferienbeschäftigung. Für den nächsten Sommer habe ich schon ganz wilde Ideen. Ich habe wieder Wanderlustblut geleckt.

Mehr zu einem Teil des Weges habe ich im folgenden schonmal vor zwei Jahren, nach der Tour mit Antje geschrieben:


 Mehr Tipps zum Thema Wandertouren in Schweden werde ich in nächster Zeit noch veröffentlichen. Ein paar Fundstücke vom Wegesrand habe ich auch noch. Alles zu seiner Zeit. Lange wird das gute Gefühl dieser Tour im Alltag wohl nicht anhalten, aber heute darf das noch zu den Montagsfreuden.

6 Kommentare:

  1. Das richtige Thema für jemanden, die gerade wieder "laufen lernt"! Aber nur im Großstadtdschungel ( auch gut, für mich jedenfalls ). Doch die Zukunftsperspektive ist wenigstens da, obwohl ich da mehr an südlichere Gegenden denke.-
    Ist ja schon toll, Wildnis mit einer gewissen "Infrastruktur". Und ich wünsche dir von Herzen, dass die guten Gefühle den Schulanfangshurrikan überstehen.
    Astrid

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    1. oh, ich habe doch einige male an dich denken müssen. habe ich doch unterwegs deine geschichten verfolgt, wenn auch nicht kommentiert. auf dass du auch bald wieder wandern kannst!
      liebst,
      jule*

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  2. Das kingt so unglaublich fantastisch. Ich möchte meinen Rucksack packen und mich aus dem Staub machen. Wieder einmal...
    Danke für den Tipp - und für die wunderschönen Fotos!

    Liebe Grüße
    Sabrina

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    1. ja, der weg ist wirklich zauberhaft. mach das mal! die route für nächsten sommer habe ich auch schon.
      liebe grüße,
      jule*

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  3. Hej, hej! Alle kaputten Sägen sind repariert bzw. ausgetauscht! Wir waren 14 Tage nach dir in Schweden und haben deine Gästebucheinträge gelesen. Das war wirklich eine schöne Tour, seufz...
    Ha det bra!
    Mariechen

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    1. oh hej! das ist ja super! ja, es ist ein fabelhafter weg.
      liebe grüße,
      jule*

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